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Im Waldkindergarten wird in der Natur gespielt – nicht nur bei gutem Wetter.
Foto: Imgorthand / iStock
werden, an unterschiedlichen Orten und in unterschiedlichen
Atmosphären zu lernen.
Fragmentierte Raumerfahrung
Kinder sind also keine homogene Zielgruppe. Sie haben
sehr unterschiedliche Bedürfnisse, Interessen und (ästhe-
tische) Präferenzen – auch innerhalb einer Altersgruppe.
Ihre Individualität ist nicht weniger ausgeprägt als bei
Erwachsenen. Auch die Art und Weise, wie sie sich in ihrem
näheren Lebensumfeld bewegen, welche Orte und Räume
sie aufsuchen oder meiden, ist weit weniger homogen, als es
viele Erwachsene – und eben auch Architekten – annehmen.
Eine wichtige Rolle dabei spielt das Elternhaus. Kinder, die in
schwierigen Familienverhältnissen aufwachsen und bereits
sehr früh viele Dinge für sich selbst organisieren müssen,
entwickeln ein anderes Verhältnis zu ihrer Lebensumwelt als
jene Kinder, die von ihren Eltern übermäßig behütet werden.
Kindern, deren Zeit vor allem von den Eltern organisiert und
verplant wird, fehlt häufig die spontane und selbstständige
Raumerfahrung. Sie werden von ihren Eltern quer durch die
Stadt zur Musikschule, zur Nachhilfe, zum Indoor-Spielplatz,
zum Ballett oder zum Judo gebracht. So entsteht ein Puzzle
aus inselhaften Orten, das die Kinder nicht als einen zusam-
menhängenden Raum wahrnehmen können. Anders ist es
bei Kindern, die sich ihr unmittelbares Lebensumfeld selbst
erschließen und zum Beispiel möglichst früh eigenständig zur
Schule oder zum Bolzplatz unterwegs sind. Sie entwickeln
schneller ein Gespür für räumliche Zusammenhänge und
Qualitäten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie die Qualitäten
ihres Lebensumfelds auch gleich bewerten würden, denn ihre
individuellen Bedürfnisse und Interessen unterscheiden sich
genauso wenig wie die Interessen und Bedürfnisse in allen
anderen Bevölkerungsgruppen.
Beteiligungsprozess als Mehrwert
Mittlerweile wird es zum Glück üblicher, bei der Planung und
Gestaltung von kinder- und jugendspezifischen Orten und
Einrichtungen Kinder einzubinden. Es dürfte zum Beispiel nur
noch wenige Spielplatzplanungen geben, bei denen Kinder