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Medien verändern den Unterricht – gilt das auch für den Klassenraum?
ZUM THEMA: KINDER
der Schulgemeinschaft formulieren und mit einbringen. So
entstehen Schulen, die zwar auf herkömmliche Art nach
Klassen- und Fachräumen gegliedert, aber anders als in der
Vergangenheit stärker in dezentralen Raumgruppen organi-
siert sind. Denen werden dann dezentrale Aufenthaltsräume
für die Schüler und dezentrale Teamstationen für die Lehrer
zugeordnet. Oder es entwickeln sich Schulen, die das Prinzip
der Klassenräume bereits in räumlich ausdifferenzierte
Lernlandschaften transformieren, in denen das Lernen und
Unterrichten an unterschiedlichsten Orten und in unterschied-
lichsten Lernformen stattfindet. Beides – und alle möglichen
Zwischenformen – gibt es heute; insofern ist das Bauen von
Schulen (oder auch Kindertagesstätten) eine sehr abwechs-
lungsreiche und sehr individuelle Bauaufgabe, zumal in vielen
Fällen nicht der klassische Neubau, sondern Umbauten und
Erweiterungen die Regel sind.
Digitalisierung
Mit der fortschreitenden Digitalisierung entstehen zudem
ganz neue Möglichkeiten, Lernen und Unterrichten zu
organisieren: Beim Modell des „umgedrehten Unterrichts“
(flipped classroom) können zum Beispiel die klassischen
Instruktionsphasen im Unterricht durch vorbereitete
Videocasts der Lehrer ersetzt werden, die von den Schülern
zuhause oder an anderen beliebigen Orten innerhalb und
außerhalb der Schule angesehen werden können – und zwar
je nach Bedarf beliebig oft. Im Unterricht in der Schule findet
dann das gemeinsame Üben statt, und die Lehrer können
diese Zeit für die individuelle Beratung und Unterstützung der
Schüler beim Bearbeiten der Übungsaufgaben nutzen.
Beste Orte
Kinder und Jugendliche haben häufig sehr klare Vorstellungen
davon, wie ihre Schule beziehungsweise bestimmte Bereiche
in der Schule organisiert und gestaltet sein sollten. Zwar
reproduzieren auch Kinder und Jugendliche ähnlich wie
Erwachsene herkömmliche Raumkategorien (Klassenzimmer,
Cafeteria, Turnhalle ...) und Raumatmosphären (hell, freund-
lich, gemütlich ...), aber es fällt ihnen vielfach leichter, sich
davon ein Stück weit zu lösen und räumliche Eindrücke auf
andere Art miteinander zu kombinieren, sodass sich neue
Vorstellungen über die räumlichen und funktionalen Qualitäten
von Lernumgebungen entwickeln. Ein Beispiel aus der Praxis:
Bei der Neukonzeption einer Grundschule im Ruhrgebiet plä-
dierten die Lehrer und Erzieher zunächst für möglichst klare
funktionale Zuordnungen – hier die Lernorte (Klassenzimmer
und Differenzierungsräume), dort die Räume für Aufenthalt,
Entspannung, Betreuung – und entwickelten eine entspre-
chende Vorstellung zur Gliederung der Schule. Die Schüler
hingegen wünschten sich eher Räume, in denen sowohl
Lernen als auch Erholen und Entspannen stattfinden können.
Wenn Schüler sich die für sie individuell „besten“ Orte zum
Lernen in der Schule aussuchen, dann sind sie häufig über
die gesamte Schule und das Außengelände verteilt: Mal
ist es die Fensterbank am Ende des Flurs, mal das Sofa im
Gruppenraum, die kleine Wiese neben der Turnhalle oder der
Fußboden vor dem Bücherregal in der kleinen Schulbibliothek.
Heterogene Präferenzen
Die Präferenzen der Schüler sind demnach sehr hetero-
gen, und sie beschränken sich nicht auf die klassischen
Lernräume einer Schule. Manche Kinder lernen am liebsten
in großen, andere in kleinen Gruppen. Die einen bevorzu-
gen den Austausch mit Freunden, die anderen suchen eher
geschützte Rückzugsorte, an denen sie sich alleine ins
Lernen vertiefen können. Zeitgemäße Schulen, die auf diese
Vielfältigkeit von Lernwegen und -bedürfnissen ihrer Schüler
Rücksicht nehmen und ihnen gute Lernbedingungen bieten
möchten, sollten daher wesentlich offener und flexibler
organisiert sein als die herkömmliche, nach Klassen- und
Fachräumen gegliederte Halbtagsschule der Vergangenheit.
Bei der Neukonzeption der oben genannten Grundschule
sind solche Präferenzen der Schüler nun in das Nutzungs-
und Raumkonzept eingeflossen: Lernen und Erholen sind
stärker räumlich miteinander verknüpft. Es entstehen
multioptionale Raumgruppen, die den Schülern sowohl im
Nahbereich ihres Jahrgangsclusters als auch mit Blick auf
das gesamte Schulareal vielfältige Möglichkeiten bieten