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Foto: Edward Beierle
Peter Haimerls Architektursprache ist ungewöhnlich.
ZUM THEMA: MÜNCHEN
wider. Nur einige wenige Landmarks bestimmen das Bild
der Stadt, angefangen mit dem Olympiastadion von Günter
Behnisch, der BMW Welt von Coop Himmelblau und dem
Stadion des FC Bayern München von Herzog & de Meuron.
Auch Sauerbruch Hutton unter anderem mit dem Museum
Brandhorst sowie dem ADAC-Headquarter und Sir Norman
Foster mit dem Lenbachhaus durften sich in unserer
Stadt verwirklichen. Ansonsten ist das Bild Münchens
geprägt von der typischen Münchener Lochfassade aus
Wärmedämmverbundsystem, Glas und Stein.
Diskrepanz zwischen Stadt und Land
Verglichen jedoch mit den Bauvorschriften in den bay-
erischen Landkreisen sind wir sogar regelrecht frei,
was die Gestaltung unserer Stadt angeht. Sogenannte
Gestaltsatzungen diktieren in einigen Gemeinden überste-
hende Giebeldächer aus rotem Ziegel, kleinen Fensteranteil,
oft sogar Butzenscheiben, Putzfassaden mit Holzlattung –
kurz: eine gewisse Banalität erzeugende Vorschriften, also
eine auf vermeintlich bayerisch runtergekochte Anweisung
für Nicht-Architektur, die den Dörfern und Gemeinden
angeblich Homogenität verleiht, sie letztlich jedoch der
Individualität und damit der Identität beraubt. Fairerhalber
muss gesagt werden, dass es auch viele Landkreise gibt, in
denen die Oberen offen sind für gute Architektur.
Nachhaltige Gestaltung
Nachhaltigkeit hat zuerst einmal sehr viel mit guter
Gestaltung zu tun. Die Materialität eines Gebäudes spielt
auch eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Gerade diese
drückt die Wertigkeit eines Bauwerkes aus und kann
auch zeitgenössisch auf Tradition eingehen. Hat nicht
jede Generation von Architekten einen Anspruch darauf,
sich künstlerisch auszudrücken? Kann es angehen, dass
Bürgermeister und Gemeinderäte extrem gut ausgebildeten
Architekten die Hand führen und damit jede künstlerische /
entwerferische Freiheit eindämmen? Dass Leute, die nicht
vom Fach sind, den Architekten dermaßen ins Handwerk
pfuschen? Ich liebe Lederhosen, aber wenn ich sie am
Bürgermeister sehe, der gerade meinen Entwurf verhack-
stückt, wird mir elend. Entwürfe, wie man sie so gut aus
Österreich oder Südtirol kennt, sind in den bayerischen
Gemeinden oft schwer durchsetzbar. Da der Architekt eine
einreichfähige Planung schuldet, entwirft er auf eigene
Kosten eine Variante nach der anderen und verabschiedet
sich gemeinsam mit dem Bauherrn langsam von dessen
Träumen.
Bauen in München
München hat da ein ganz anderes Problem. Es gibt viele
willige Bauherren und noch mehr willige Architekten.
Es gibt eine Stadtplanung und eine Lokalbaukommission,
die sich über Gestaltungsbeiräte und Wettbewerbe für
mehr Qualität einsetzen will. Was es jedoch nicht gibt, ist
Baugrund. Nirgendwo auf den bayerischen Straßen hört
man den altbekannten Spruch „Haste mal ‘ne Mark?“ Dafür
tönt es an jeder Ecke auf der Expo Real: „Haste mal ‘n
Grundstück?“ – „Hm ... lass mich mal überlegen. Nee!!!“
Nicht anders sieht es aus auf der davor stattfindenden
Akquise-Wiesn, die bekanntlich fest in der Hand der
Baubranche ist.
Neue Konzepte
Wenn es dem Bauherrn gelingt, eines der vielbegehrten
Grundstücke zu ergattern, dann bleibt dem Architekten
nur die „Wahl“, hoch zu verdichten. Jeder Zentimeter wird
genutzt, und die Abstandsflächen werden maximal aus-
gereizt, denn die Kaufpreise haben schwindelerregende
Höhen erreicht. Wie immer hat jedoch jedes Übel auch sein
Gutes: Studenten verschiedener deutscher Hochschulen
erforschen im Auftrag des Kulturkreises Wirtschaft gera-
de Brachflächen, Parkplätze und Restflächen in der Stadt
München. Dort sollen – ähnlich wie beim Wohnhaus
über dem Parkplatz am Dantebad – neue Wohnkonzepte
entstehen. Und zwar günstiger, durchmischter und
schneller. Es gab 2016 auf Initiative des Werkbundes den
Wettbewerb „Wohnraum für alle“ sowie ein Symposium
des BDA. Durch die Flüchtlingswelle 2015/16 hat sich die