48 KUNST UND ARCHITEKTUR
Robert Seidels Arbeiten sind geprägt von
geometrischen Formen. Kaum ein Bild, in
dem keine Gerade vorkommt. Es ist also nur
naheliegend, dass auch Architektur eine
wichtige Rolle in seiner Kunst spielt.
Architektur – etymologisch gerne als die erste Kunst bezeich-
net – findet sich in vielen Bildern von Robert Seidel wieder.
Zuweilen steht sie offensichtlich im Vordergrund, wie vor
allem in vielen seiner Frühwerke. In einem Statement zur
Meisterschülerverteidigung bezeichnet er sich selbst zum einen
als „Chronist, dessen Aufgabe darin besteht, das Gegenwärtige
für die Nachwelt zu dokumentieren, zum anderen als kritischer
Beobachter, der das Gesehene auf seine Bildtauglichkeit über-
prüft und, wenn nötig, Eingriffe am Status quo vornimmt“. In die-
sem Zuge entstanden zum Beispiel Bilder, die Fassaden von
Gebäuden seiner Heimatstadt Grimma zeigen. Auch im nahe-
liegenden Wurzen und anderen Städten der Umgebung fanden
sich technisch-architektonische Motive, die als perspektivische
Darstellung ihren Weg auf Seidels Leinwand fanden – stets aus
dem Kontext gerissen, neu komponiert und in eine eigene struk-
turelle Ordnung gebracht. Selbst organische Motive werden
dann auf ihr geometrisches Grundmuster reduziert – irgendwo
in Seidels Werken findet sich also immer etwas Berechenbares.
Es gibt auch jene Bilder, in denen die Architektur zugunsten
von Motiven einer Pop-Kultur in den Hintergrund tritt. Dann
stehen Reggae-, Ska- und Soulbands imMittelpunkt. Oder
Computerspiele. Oder ... Robert Seidel lässt sich nicht so einfach
an einem Thema festmachen. Was schließlich die meisten
seiner Werke vereint, ist die uralte Maltechnik mit Eitempera,
die den Bildern im Zusammenspiel mit dem groben Leinen seine
raue Ästhetik verleiht.
ARCHITEKTUR UND KUNST
ROBERT SEIDEL
Nochmal. Eitempera auf Leinwand, 81 x 60 cm, 2014 / Verbotene Liebe. Eitempera auf Leinwand, 42 x 51 cm, 2015 / Top of the Ladder. Eitempera auf Leinwand,
155 x 155cm, 2013 / Reggae Time. Eitempera auf Leinwand, 200 x 200 cm, 2015 © Robert Seidel / ASPN, Leipzig