14 KRAFTZENTRUM: MINTO IN MÖNCHENGLADBACH VON KADAWITTFELDARCHITEKTUR
Mit einer selbstbewussten architek-
tonischen Großform für ein Shopping-
Center antwortetet kadawittfeldarchi-
tektur auf den fehlenden Genius Loci in
Mönchengladbachs Einkaufsstraße. Das
neue Minto reagiert auf die heterogene
Umgebung, holt Kaufkraft zurück – und
schafft urbanes Flair.
Platz 113 auf der Internetliste der größten Einkaufszentren
Deutschlands? Nicht schlecht – zumindest für Mönchen
gladbach. Doch gleichgültig, wer nun den größten Kon
sumtempel hat. Das Minto ist eindeutig ziemlich groß,
und in Mönchengladbach sind sie auf jeden Fall ordent
lich stolz darauf. Denn die städtische Konsum-Autobahn
Hindenburgstraße ist zwar so breit wie die A2 – bietet
aber auch ebenso viel (oder eher wenig) architektoni
sche Spannung. Mit der Fassade des Minto haben die
Aachener Architekten von kadawittfeldarchitektur daran nun
Entscheidendes geändert.
Genius loci
Leerstände in der vorherigen 1980er-Jahre-Mall kosteten die
Metropole am Niederrhein Kaufkraft und Attraktivität. Und mit
städtischem Flair, das ganz alleine für den Zustrom von kons
umwilligen Flaneuren sorgen könnte, ist die im Krieg schwer
verwüstete Stadt nicht unbedingt gesegnet. Deshalb dürfte
es kadawittfeldarchitektur auch sicher schwergefallen sein,
so etwas wie einen „Genius loci“ zu finden, auf den sie sich
in ihrem Entwurf hätten beziehen können. Also war es nur
naheliegend, dass sie stattdessen eine weitgehend bezugs
lose Großform wählten, die dafür aber viele andere Vorteile
hatte. Übereinander gestaffelte Fassadenbänder reagieren
in ihrem Verlauf auf die jeweilige Umgebung. Die Bänder
springen vor oder zurück, verdichten den Straßenraum oder
weiten ihn auf, bilden Terrassenflächen aus oder leiten den
Besucherstrom direkt zum „Schlund“ des Shopping-Centers.
Statt mit den nicht vorhandenen städtischen Leitmotiven
Mönchengladbachs zu agieren, arbeiten sie mit Volumen und
Raumkanten. Wie so häufig in zerfaserten Innenstadtlagen
mit vielen Parzellen und Eigentümern verfügt das Shopping-
Center nicht über eine klar definierte Außenkante. An vielen
Stellen verläuft es zwar am Blockrand, woanders springt
es aber hinter eine Bestandsbebauung zurück – um einige
Meter später wieder am Gehsteigrand aufzutauchen. Für die
Fassadenbänder ist dies alles kein Problem. So heterogen
auch die Nachbarbebauung ist – das Minto wirkt einheitlich
und auf angenehme Weise dominierend und ortsbildprägend.
Neue städtebauliche Mitte
Die vertikal stehenden Keramik-Lamellen bewegen sich farb
lich im Terrakotta-Bereich mit elf verschiedenen Tönungen
zwischen Rot und Ocker. Diese Wirkungen wurden ohne
Farbglasur und allein durch die Mischung unterschiedlicher
Tone erzielt. Leitmotiv waren dabei die am Niederrhein
typischen Feldbrandklinker. Das Resultat ist nicht nur
gestalterisch überzeugend und zugleich kostengünstig.
Es ist auch – relativ – vandalensicher. Denn wo es keine
ebene Fläche gibt, da können Sprayer nicht wirklich zu
Werke gehen. Und passiert es dennoch, wird punktgenau
die betroffene Lamelle ausgetauscht. Im Inneren kommt
dem Minto die Topographie entgegen. Dank der Hanglage
lassen sich drei der vier Etagen ebenerdig erschließen
– und der flanierende Mönchengladbacher erlebt kaum
eine Hemmschwelle. Das Shopping-Center wird nicht als
gewaltiger Fremdkörper wahrgenommen – sondern als
Fortsetzung der Stadt. Die nötigen 600 Parkplätze sind in
zwei Etagen über den Einkaufsflächen untergebracht – so
wie es heutzutage der bewährte Standard in innerstädti
schen Shopping-Centern ist. kadawittfeldarchitektur und
dem Bauherrn „mfi - Management für Immobilien AG“ ist
es mit dem Minto gelungen, das vorab definierte Ziel zu
erreichen. Mönchengladbach hat eine neue städtebauliche
Mitte bekommen – und nicht allein einen Konsum-Tempel.
Die Lokalpresse jubelt – und die Niederrheiner sitzen auf den
Terrassen und Stufen und blinzeln zufrieden in die Sonne. So
sieht architektonischer Erfolg aus.
Großzügig zweigeschossig: die zentrale Halle.