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Feuerwehrmänner haben es gut. Denn neuesten Untersuch
ungen zufolge vertraut ihnen der Durchschnittsdeutsche in
einem derart allumfassenden Maß, das die zweitplatzierte
Ärzteschaft nur noch blass aussehen lässt – und sie über
strahlen bei Weitem die Branche der Autohändler, die unter
allen Berufen das geringste Ansehen haben. Die hauptamt
lichen Feuerwehrleute von Bünde in Westfalen sind Profis,
verbeamtet – und sind rund um die Uhr in ihrer architektonisch
ambitionierten Feuerwache. Die freiwilligen Feuerwehrleute im
schwäbischen Bochingen sind eigentlich Maurer, Werkzeug
macher oder Finanzbeamte (wer weiß, womöglich ist gar ein
Autohändler darunter?), und sie haben ihr Feuerwehrhaus
mehr oder weniger selbst gebaut. Die Profis in Bünde brau
chen weniger als eine Minute, um nach dem Alarm mit ihren
Fahrzeugen die Halle verlassen zu haben. Und dies, obwohl die
blitzende Wache ihrer Meinung nach nicht das Optimum eines
funktionierenden Feuerwehrhauses darstellt. Die Bochinger
verlassen zuerst ihre Arbeitsplätze, fahren ins Feuerwehrhaus
und rücken dann mit ihren Löschfahrzeugen aus. Das dau
ert immer länger als eine Minute. Und trotzdem sind sie die
Keimzelle der Dorfgemeinschaft und letztlich der Moussier
punkt des sozialen Lebens. An technischer Ausstattung
mangelt es selten. Wenn Gemeinderäte die Anträge der
Feuerwehrkommandanten auf den Ratstischen liegen haben,
dann ist deren Notwendigkeit immer unbestritten. Nicht ganz
so eindeutig ist die Entscheidungslage, wenn es um die bauli
che Ausstattung geht. Die Spannweite in der Architektur von
Feuerwachen ist mittlerweile enorm. Sie reicht vom ambiti
onierten und das Stadtbild prägenden Baukunstwerk, hinter
dem die Bürgermeister auch eine Chance des Stadtmarketings
sehen, über die Lösung vom Generalunternehmer bis zur
Do-it-yourself-Wache der Dorffeuerwehr. Für Architekten
ist ein Feuerwehrhaus von jeher ein dankbares Thema. Nur
wenige andere Gebäude sind derart aufgeladen mit emotio
naler Bedeutung, mit sozialer Emblematik und mit komplexer
Funktion. Ein Feuerwehrhaus steht für Dynamik und für die
Beschleunigung von Abläufen. Es ist der abrupte Wechsel aus
dem völligen Ruhemodus in einen Zustand höchster Alarm
bereitschaft, der Feuerwehrhäuser so einzigartig macht.
Von 0 auf 100 in 30 Sekunden – keine andere Immobilie
beschleunigt in ihrer Funktionalität schneller. Doch dieser Reiz
ist zugleich eine Gefahr für die Architektur. Denn in welcher
Phase seiner funktionalen Existenz erfüllt das Feuerwehrhaus
die ihm aufgegebene Rolle am sichtbarsten und besten?
Nimmt man den Zeitpunkt der größten Aktion als Nullmeridian
der Funktion, dann liegt es nahe, das Gebäude hieraus künst
lich zu dynamisieren und aus dem abrupten Ausbruch von
Funktion eine öffentliche Raum-Inszenierung zu machen. Das
Resultat sind in diesem Falle Feuerwehrhäuser wie das der
Betriebsfeuerwehr von Zaha Hadid für Vitra in Weil am Rhein.
Die zum Baudenkmal mutierte Feuerwache verhalf Hadid
seinerzeit zum endgültigen Durchbruch in die Champions
League der tatsächlich bauenden und nicht allein theoretisie
renden Baukünstler – und dem Unternehmen Vitra zur wei
teren Anerkennung der architektonischen Firmenkompetenz.
Der Nutzwert als Feuerwehrhaus spielte angesichts dieser
umfassenden architektonischen Rendite keine Rolle. Die
Funktion ordnet sich der Form unter. Wobei hier in moder
nistischer Weise unterstellt wird, dass die Form wiederum
Ausdruck der Funktion sei und deshalb quasi zwangsläufig
deren Ansprüchen entspräche. Das Vitra-Feuerwehrhaus hat
bewiesen, dass diese Annahme die reine Fiktion ist. Und das
Feuerwehrhaus in Bünde steht durchaus in der Tradition von
Weil am Rhein – und zwar formal als Werk eines Schülers
von Frank Gehry ebenso wie in der Kritik der naturgemäß
in ihrem Urteil höchst praxisorientierten Feuerwehrmänner.
Realisiert wurde es 2001 durch den erst im vergangenen
Jahr jung verstorbenen Randall Stout aus Los Angeles, der
in der Region um Bünde gleich mehrere öffentliche Gebäude
errichtete. Die skulpturale Form der Wache macht funktionale
Abstriche unvermeidlich. Sei es das nicht mehr zu öffnende
Fenster, dem die gekrümmte Außenwand in die Quere kommt,
oder die interne Wegeführung, die dem Drang, möglichst
rasch in die Fahrzeuge zu stürzen, latent widerspricht. Aus
der Perspektive der Draufsicht (und nur aus dieser) zeigt sich
die Wache als Windrad – oder als in jede Richtung dynami
sierte Form. Eine raumgreifende Symbolik für die Vielfalt und
den weiträumigen Einsatzbereich der darin untergebrachten
IDENTITÄTSSTIFTEND
Architektonisch ambitioniert: Die Feuerwache in Bünde von Randall Stout.
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Profis vor ihren Fahrzeugen: Die hauptamtlichen Feuerwehrleute von
Bünde. (Oben)
Dynamische Architektur für eine dynamische Funktion. (Nächste Seite)