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Aufgewachsen in Kassel, kommt Stephan Balkenhol früh mit
der Kunst in Berührung. Sie interessiert ihn auch außerhalb
des Kunstunterrichts seiner Schule. So verwundert es kaum,
dass er schon in jungen Jahren bei sich zu Hause seine
ersten Skulpturen schuf und sich schon mit Fünfzehn für die
Documenta begeisterte. Dort habe er auch seinen ersten
Schülerjob bekommen, erzählt Balkenhol in einem Interview,
und sei dadurch noch näher an die große Kunst herange-
rückt. Sein Weg schien vorgegeben: Ein Kunststudium lag
nahe. Von Anfang an spielte der Werkstoff Holz die dominie-
rende Rolle in seiner Arbeit. Ob kleine oder große Skulpturen:
Stechbeitel und Klüpfel sind es, die in seinen Händen aus
einem Stück Holz die Figuren formen – meist in sich ruhen-
de Menschen. Sie sind rau, sie wirken unfertig, sind den-
noch mit Farbe bemalt. „Meine Skulpturen erzählen keine
Geschichten. In ihnen versteckt sich etwas Geheimnisvolles.
Es ist nicht meine Aufgabe, es zu enthüllen, sondern die
des Zuschauers, es zu entdecken“, sagt Balkenhol. Seine
Arbeiten erkennt man. Er erfindet sich nicht ständig neu. In
seinen Augen ist das auch nicht nötig, seine Holzskulpturen
sind sein Markenzeichen. Und die Kunstszene gibt ihm Recht:
Seit über dreißig Jahren ist er international äußert erfolg-
reich. Rund 100 Arbeiten entstehen pro Jahr. Wird über sie
geschrieben, wird oft der Begriff der Familie verwendet. Ja,
seine Skulpturen bilden eine große Familie – mehr oder weni-
ger miteinander verwandt und trotzdem eigen. Selbst wenn
er seine Motive als Reliefs, Zeichnungen oder Siebdrucke
umsetzt: Balkenhol bleibt erkennbar. Für Hörmann realisierte
der Künstler nun den Großen Knienden als Bronzeguss. Die
Idee zu dieser Figur entstand allerdings in einem anderen
Kontext: Lange Zeit befand sich der Entwurf in der engen
Auswahl zum Denkmal der Deutschen Einheit.
ARCHITEKTUR UND KUNST
STEPHAN BALKENHOL
Engel, 2007, Kathedrale von Burgos, ES © Stephan Balkenhol
Sempre più …, 2009, Forum Romanum in Rom, IT (temporär) © Stephan Balkenhol