Von der öffentlichen Wahrnehmung weitestgehend unbeachtet, entstan- den mit den Datenzentren des Unternehmens Google Räume, in denen die digitale Welt auf eindrucksvolle Art und Weise physisch präsent wird (vorherige und diese Seite). de Meurons Universitätsbibliothek in Cottbus, machen gestellt ist, wird die fortschreitende Digitalisierung für die deutlich: Auch in Zeiten digitalisierten Wissens scheint Bibliotheken nicht ohne Folgen bleiben: Toyo Itos Media- noch immer ein elementarer Wunsch nach konkreten Orten thek in der japanischen Stadt Sendai und das Rolex zu bestehen, in denen Wissen für den Menschen zugäng- Learning Center des Architektenduos SANAA in Lausanne lich und erfahrbar wird. Denn Ordnen und Katalogisieren lassen in ihrer organischen Transparenz Leitmotive zukünf- bilden die Kernkompetenzen einer jeden Bibliothek und tiger Gestaltung erahnen. Die okkulten Bücherburgen der machen für uns Nutzer eine sinnvolle Verwendung von Vergangenheit sind durchlässig geworden. Als zeitgenössi- Wissen überhaupt erst möglich. Eine Aufgabe, deren ge- scher Ausdruck der Wissenskultur haben sich Bibliotheken sellschaftliche Relevanz im Angesicht exponentiell steigen- von Informationslagerräumen zu Knotenpunkten des globa- der Datenmengen nicht hoch genug zu schätzen ist. len Wissens gewandelt – Mediatheken, in denen Besucher neben Büchern ein Zusammenspiel unterschiedlicher Kom- Bis heute ist die Bibliothek eine Erfolgsgeschichte, hat munikations- und Medienformate vorfinden. sich als überaus robust gegenüber gesellschaftlichen Umbrüchen und Neuerungen erwiesen. Sie stelle „das Die Transformation der technischen Medien hat dabei kostbarste Monument einer Nation dar“ schrieb 1785 der nicht nur die Darstellung des Raumes verändert, sondern französische Architekt Étienne-Louis Boullée und gab auch die Art, wie wir ihn heute denken, wahrnehmen und damit der besonderen Wertschätzung dieser Bauaufgabe entwerfen. Der traditionelle Raumbegriff, der stets an ein Ausdruck. Die Bibliothek avancierte zum Symbol der Auf- bestimmtes Medium gebunden war, muss im Angesicht klärung und zum emblematischen Bauwerk der architekto- aktueller Entwicklungen neu verhandelt werden. Gleich- nischen Moderne: Ob Henri Labroustes Bibliothek Sainte- zeitig erweitert die zunehmende Individualisierung der Geneviève, Ivan Leonidovs Konzept für das Lenin-Institut Nutzerinteressen das Raumangebot des traditionellen in Moskau oder Le Corbusiers Mundaneum, stets vereinte Nebeneinanders von Lesesaal und Magazin. Eine differen- sich in diesen Entwürfen der Wunsch, Fortschritt und Ge- zierte Raumfolge, die vor allem durch Zonen des Über- schichte zu verbinden, gesellschaftliches Wissen zu be- gangs zwischen verschiedenen Tätigkeiten, Kontakt- und wahren und an kommende Generationen weiterzugeben. Ruhezonen charakterisiert ist, wird das Raumprogramm Auch wenn ihre Existenz heute nicht grundsätzlich infrage der zukünftigen Bibliothek entscheidend prägen. PORTAL 28 07
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