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BIBLIOTHEKEN INSELN IM DATENSTROM Die Digitalisierung ist nicht nur Teil unseres Alltags geworden, sondern wirkt auch direkt auf unsere gebaute Umgebung. In einer Zeit, in der sich der Umgang mit Informationen zunehmend digitalisiert, stellt sich vor allem für die Bibliothek die Frage nach ihrer Existenzberechtigung. Dabei geht ihre gesellschaftliche Funktion weit über das Sammeln, Bereitstellen und Vermitteln von Wissen hinaus. „Es gibt keinerlei praktisches Hindernis für die Erschaf- in etwa 4,5 Milliarden beschriebenen Seiten – zu scannen, fung eines funktionierenden Verzeichnisses alles menschli- zu indexieren und über die firmeneigene Suchmaschine chen Wissens, aller Gedanken und Ideen und Errungen- zugänglich zu machen. schaften. Also für die Erschaffung eines vollständigen, Der Phasenwechsel von der physischen in die digitale Welt weltumfassenden Erinnerungsspeichers für die gesamte macht Informationen mobil und global verfügbar. Für die Menschheit“, konstatierte der britische Schriftsteller und Nutzer bieten sich neue Chancen. sich Wissen anzueignen, Science-Fiction-Pionier H.G. Wells 1938. Doch bis zur Reali- das noch bis vor Kurzem außerhalb ihrer persönlichen sierung seiner Vision des allumfassenden „World Brains“ Reichweite lag. Gleichzeitig stellen diese Vorgänge die sollten noch 60 Jahre vergehen, ehe erschwingliche Perso- Existenz von Orten, an denen Wissen heutzutage gespei- nal Computer und deren globale Vernetzung durch das World chert und aufbewahrt wird, konkret von Archiven und Bib- Wide Web die dafür erforderlichen Grundlagen schufen. liotheken, infrage. Debatten über die räumlichen Auswir- H.G. Wells „World Brain“ ist heute Wirklichkeit geworden – kungen der Digitalisierung beschäftigen Architektenschaft Computer, Tablets und Smartphones ermöglichen uns stän- wie Feuilletons der Republik seit geraumer Zeit: Von der digen Zugang zum digitalen Datenstrom. Doch nicht nur der Bibliothek als Auslaufmodell ist da zu lesen. Sie müsse sich Löwenanteil der tagtäglich bereitgestellten Informationen für digitale Angebote öffnen, serviceorientierter werden. gelangt auf diesem Wege zu uns, – der wöchentlichen Auf- Aber eigentlich sei sie ein hoffnungsloser Fall. Ein Verlierer lage des „Spiegels“ von 910.000 Exemplaren stehen monat- der Geschichte, dem dasselbe Schicksal zuteilwerden wird lich 173.000.000 (!) Seitenaufrufe des dazugehörigen Online- wie dem gedruckten Buch. angebots gegenüber. Durch die Digitalisierung bereits vor- handener, physisch gebundener Wissensbestände öffentli- Um es vorwegzunehmen, das große Bibliothekensterben cher Bibliotheken und Archive vollzieht sich vor unseren ist bis heute ausgeblieben. Jährlich besuchen rund Augen eine gewaltige Migrationsbewegung hin zur Sphäre 200 Millionen Menschen eine der 8000 Bibliotheken in des Digitalen. Deren vorläufigen Höhepunkt markierte die Deutschland und entleihen dabei 470 Millionen Medien. Ankündigung des Internetunternehmens Google, bis zum Spektakuläre Neubauten, wie das Jacob-und-Wilhelm- Jahre 2015 mehr als 15 Millionen Bücher – das entspricht Grimm-Zentrum in Berlin von Max Dudler oder Herzog 04


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