FOLKWANG-BIBLIOTHEK IN ESSEN Bauen im historischen Kontext ist immer wieder eine herausfordernde Aufgabe. Während die städtebauliche Einordnung der neuen Folkwang-Bibliothek von Max Dudler ganz der Umgebung verpflichtet ist, bildet die Fassade eine zeitgenössische Weiterentwicklung klassischer Gebäudehüllen aus Stein. Eine geradezu „leicht- füßige“ Gestaltung, der im Inneren massiv und traditionell eingerichteten Bibliothek. Die musikwissenschaftliche Sammlung der nordrheinwest- sich die Regalflächen und kleineren Lesenischen anordnen. fälischen Folkwang-Universität der Künste, die mit 190.000 Im Erdgeschoss befinden sich weitere Studienkabinette Noten, Büchern, Tonträgern, Zeitschriften und anderen Me- und akustisch getrennte Medienzellen. 2007 hatte das Büro dien zu den größten Beständen bundesweit gehört, war bis- von Max Dudler aus Berlin, den geladenen Realisierungs- her an verschiedenen Standorten aufbewahrt. Im Neubau wettbewerb gewonnen. Eine besondere Weiterentwicklung in Essen kommen sie nun an einem Ort zusammen. Aber klassischer Natursteinfassaden stellt die ungewöhnliche nicht nur inhaltlich, auch städtebaulich wird hier etwas Hülle der Bibliothek dar, die gemeinsam mit dem Archi- vollendet und zusammengeführt. Das neue Gebäude tekturfotografen Stefan Müller entworfen wurde. schließt eine Lücke im barocken Ensemble der Werdener Großformatige Nahaufnahmen eines Steinbruchs wurden Abtei, die durch den Abriss eines Lazarettgebäudes aus durch ein spezielles Druckverfahren mit UV-härtender Tinte dem 19. Jahrhundert entstanden war. Wie viele historische direkt auf die Glasscheiben der Fassade aufgebracht. In Gebäude blickt auch die ehemalige, aus dem 8. Jahr- Anlehnung an die in der Musik wichtige Zahl „Zwölf“ wur- hundert stammende Benediktinerabtei auf eine wechsel- den zwölf sich wiederholende Sequenzen zu einer harmo- volle Geschichte zurück. Nach einer wirtschaftlichen wie nischen Komposition zusammengefügt. Die plastischen politischen Blütezeit im Mittelalter wurde das Kloster im Motive unbehauenen Steins erzeugen ein dreidimensiona- 18. Jahrhundert zu einer fürstlichen Residenz im barocken les Spiel auf der Glasoberfläche. Gleichzeitig löst die Trans- Stil erweitert und ging anschließend in den Besitz Preußens luzenz der Fassade weitere ungewohnte Bilder aus, wenn über. Die neuen Eigentümer bauten die Gebäude später zur hinter der scheinbar massiven Hülle die Schatten von Pas- Strafanstalt um, eine Nutzung, die bis zum Ende der Nazi- santen sichtbar werden. Doch auch funktional erfüllt die zeit die Abtei bestimmte. Seit 1945 befindet sich im ehema- Umkleidung des Gebäudes ihre Zwecke: So strömt gefilter- ligen Klostergebäude der Hauptsitz der Folkwang Universität te Helligkeit zum Lesen und Arbeiten in den Innenraum, ohne der Künste. Hier bildet die Hochschule in den klassischen als direktes Licht die kostbaren Medien zu schädigen. Max Musiksparten aus. Dudler selbst bezeichnet das kristalline Gebäude als ein Die Reste einer alten Stützmauer aus Bruchstein dienen „Schmuckkästchen“: Eine kostbar verzierte Hülle schützt dem Bibliotheksneubau, dessen Grundrissform aus einem den noch weit wertvolleren Inhalt, den Medienschatz der Recht- und einem Dreieck gefügt ist, als Sockel. Darüber Bibliothek. Im Inneren sind Pfeiler und Bücherregale, die erhebt sich das viergeschossige Gebäude, mit großem wie Tische und Stühle von Max Dudler entworfen oder aus- Atrium und einem zentral gelegenen Lesesaal, um den gesucht wurden, mit Kirschbaumholz verkleidet. 20
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