48 ARCHITEKTUR UND KUNST
Zwar studierte Martin Kobe Malerei in
Leipzig, doch fast könnte der Eindruck ent-
stehen, er habe in einem früheren Leben
wenige Kilometer weiter in Dessau am
Bauhaus ein Architekturstudium absolviert.
Martin Kobe malt Räume. Es sind Innenräume, Außenräume
– aber vor allem Freiräume. Denn seine Bilder zeigen keine
tatsächlichen Gebäude, sondern nur deren Versatzstücke.
Wobei: Bestehender Architektur zuordnen lassen sich
seine Motive auch nicht. Als der Moderne verpflichte-
te Architektur zwar erkennbar, aber nicht funktional.
Ist das dann nicht doch schon Dekonstruktivismus? Die
Onlineplattform „DerWesten“ nennt es in einem Artikel
„futuristisch anmutender Perspektiven-Pluralismus“.
Pluralismus deshalb, weil Kobe sich in seinen Bildern nicht
auf eine Perspektive festlegen will. Durch verschiedene
Fluchtpunkte erzeugt er eine Dynamik, die der Betrachter
erst einmal verorten muss. Vergleichen kann man die
Architektur Kobes am ehesten mit einem dieser reell
erscheinenden Bilder, die man aus einem Traum mit in
die Wirklichkeit nimmt: so scharf umrissen. Und gleich-
zeitig irgendwie unwirklich, in Auflösung begriffen. Dieser
Effekt kommt nicht nur durch die irrationale Statik oder
die unrealistischen Lichteffekte zustande, sondern auch
durch unscharfe Bildpassagen, die sich wie eine Art blin-
der Fleck über Teile des Motivs legen. Perspektivwechsel
und Unschärfe – sich in Kobes Bildern zu bewegen macht
einem der Künstler nicht einfach. Aber warum auch?
Schließlich ist man nur zu Gast und soll hier nicht einziehen.
Darf man auch gar nicht, denn der Künstler selbst ist hier
zuhause.
ARCHITEKTUR UND KUNST
MARTIN KOBE
Ohne Titel, 2017, Acryl auf Leinwand, 100 x 80 cm
Ohne Titel, 2017, Acryl auf Leinwand, 100 x 80 cm