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38 KINDERSPASS: ´S BAD IN WALDKIRCH

„’s Bad“ in Waldkirch ist die Negation

von Architektur. Wer nicht weiß, dass es

existiert, hat Mühe, es zu finden. Und den-

noch ist es zugleich auch ein perfektes

Beispiel für die Rolle von selbstbewusster

Baukultur. Ein wunderbares Paradoxon, das

erklärt werden will.

Um Spaß zu haben, genügt Kindern ein knietiefer Tümpel.

Die aktuellen Ansprüche der Eltern an Hygiene und Sicherheit

werden dabei allerdings selten erfüllt – und Dorfteiche

und Badeseen sind sowieso rar geworden. Deshalb ist die

öffentliche Badeanstalt schon längst fester Bestandteil des

kommunalen Angebotes. Seit dem 18. Jahrhundert entstanden

diese Bäder an natürlichen Gewässern. Auch das Waldkircher

Freibad lag direkt am Schwarzwaldflüsschen Elz – und die

Stuttgarter Architekten Kauffmann Theilig & Partner beließen

es bei ihrer Neubebauung dabei. Das war aber auch schon

fast alles.

Auenland

Denn nur noch die Beschilderung und ein gefüllter Parkplatz

deuten darauf hin, dass die Schwarzwälder Kinder (und der

Nachwuchs der Touristen) hier die heißen Sommertage

verbringen. Weder die bekannte Freibad-Lärmkulisse noch

irgendwelche typischen Bauten weisen den Weg. Der

Besucher nähert sich stattdessen einem grünen Hügel, der

auch im Hobbit-Auenland von J. R. R. Tolkiens „Herr der

Ringe“ stehen könnte – nur ist er in Waldkirch natürlich deut-

lich besser gestaltet. Eine gekrümmte Betonscheibe schnei-

det den Hügel an und formt als einladendes Tunnelportal

den Haupteingang. Dahinter finden sich alle notwendi-

gen Funktionen wie Umkleiden, Toiletten, Duschen und

Technikräume. Und das zweite großzügige Portal entlässt den

Badegast schließlich ins Herz eines jeden Freibades. Denn

erst hinter diesem künstlich geschaffenen grünen Höcker

liegen die Becken – umrahmt von malerischen Hügeln eines

Landschaftsparks.

Der neue Höhenzug hat – rein funktional betrachtet – die

Aufgabe, das Freibad von den benachbarten Sportanlagen

abzuschirmen. Vor allem aber bildet er einen fast schon

natürlich wirkenden, mit Büschen und Beeten begrünten

Bergrücken. Von den Badegästen wird er ganz selbstver-

ständlich als intime Liegefläche mit freier Aussicht auf den

Schwarzwald genutzt. Wer sich prominenter sonnen will (oder

den Nachwuchs im Auge behalten möchte), der nutzt die

„Lounge“ genannten und elegant überdachten Holzterrassen.

Ihr Sockel ist das letzte Überbleibsel der alten Freibadgebäude

und dient nun den Sportanlagen auf der Rückseite als Lager

und Umkleiden. Vor allem aber sollte damit der Spaß der krei-

schenden Kinder und das charakteristische Geräusch der wip-

penden Sprungbretter zuverlässig von den direkt ans „’s Bad“

angrenzenden Wohnhäusern ferngehalten werden.

Nicht von der Stange

Kauffmann Theilig & Partner taten alles, um das Waldkircher

Bad für Kinder und deren Eltern zu einem bleibenden Erlebnis

zu machen. Die leck geschlagenen Becken aus dem Jahr

1968 wurden durch Edelstahlbecken ersetzt. Und die neuen

Spaßbecken aus sich überschneidenden Kreisen sind nun

mit Strömungskanal, Rutschen, Düsen und Nackenduschen

ausgestattet. Bei der Möblierung mit Bänken, Holzterrassen

und Sprungtürmen griffen die Architekten nicht in den Katalog

der einschlägigen Freibad-Ausstatter, sondern wurden ihrer

Aufgabe als Gestalter gerecht. Das „’s Bad“ ist deshalb in

den Details so charakteristisch wie in seiner Gesamtheit

und auf keinen Fall eine Ansammlung von austauschbaren

Versatzstücken einer Spaßarchitektur. Wenn Architektur fast

beiläufig das Leben der Menschen begleitet und bereichert,

dann ist sie gelungen. Und das Waldkircher Bad tut dies auf

so selbstverständliche Weise, dass der Nutzer fast vergessen

könnte, dass es sich um eine gestaltete Umgebung handelt.

Wenn es der Architektur gelingt, kindgerechte, aber keines-

falls kindliche Räume zu formen, dann hat sie überdies ihre

zentrale Aufgabe erfüllt, ohne sich dabei prominent in den

Mittelpunkt zu stellen. Und viel Besseres lässt sich über eine

Architektur für Kinder (und nicht nur für diese) kaum sagen.

Der Hauptbau vesteckt sich in der fast natürlich wirkenden, hügelig ausgeformten Landschaft des Bades.