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Richard Wagner war Freigeist und Kleinkrämer, Lebemann

und Spießer, ein Teil der Weltkultur und Antisemit. Daraus

erwuchs nicht nur ein geniales Werk, sondern auch histo-

risch unwegsames Terrain. Die US-Armee nutzte das Haus

Siegfried Wagners als Offiziersclub und angeblich auch als

Bordell – was wie eine bewusste Entweihung der problema-

tischen nationalen Weihestätte wirkt. Das kriegsbeschädigte

Haus Wahnfried wurde in den Siebzigern wieder aufgebaut,

doch ohne jede kritische Rekonstruktion. Erst mit dem Neubau

änderte sich dies. Volker Staab entschied sich dafür, den

Inhalten die maximale Aufmerksamkeit zu verschaffen, die

Architektur zurückzunehmen – und mit dem Neubau den nöti-

gen Abstand zu Wahnfried zu wahren. Der Pavillon steht exakt

an der Grenze des benachbarten Grundstücks. Näher hätte

es dem Haus des „Meisters“ nicht kommen dürfen, ohne in

dessen Aura einzubrechen. Wer sich auf der ursprünglichen

Allee nähert, der bemerkt den Neubau auch erst spät, denn

ein großer Teil der Nutzfläche wurde unter die Erde verlagert.

Das Haus selbst steht in der Tradition des Farnsworth House

von Mies van der Rohe. Die Fassade ist nahezu aufgelöst,

das Vordach ist subtil gestaltet und das Innere in höchstem

Maße zurückgenommen. Das gilt auch für die zahlreichen

Schörghuber-Türen, die sich überall im Gebäude unauffällig

in die Raumgestaltung integrieren, dabei aber die wichtige

Aufgabe des Brand- und Rauchschutzes unterstützen.

Im Erdgeschoss sind Foyer, Sonderausstellungen und

Servicezonen untergebracht. Im Untergeschoss beginnt die

Dauerausstellung zu den Aufführungen der Festspiele. Von

dort geht es unterirdisch in die Villa Wahnfried, die von hg

merz partiell als Kult- und Weihestätte für den „Meister“

gestaltet wurde. Von der ursprünglichen Ausstattung blieb

nach der britischen Brandbombe kaum etwas erhalten. Die

„Fehlstellen“ wurden konsequent gekennzeichnet: Weiße

Hussen verdecken die nicht originalen Möbelstücke. Die

Ausstellung im Haus Siegfried Wagners wurde den natio-

nalsozialistischen Irrwegen gewidmet. Und sie werden nicht

mehr nur angedeutet, sondern klar formuliert. Schließlich

fanden hier die Gespräche zwischen Winifred Wagner und

Adolf Hitler statt. Hier soll er auch die Entscheidung getroffen

haben, Franco im spanischen Bürgerkrieg zu unterstützen.

Das Terrain war also maximal kontaminiert. Doch Staab und

Merz trugen mit ihrer zurückhaltenden und perfekt detail-

lierten Arbeit dazu bei, den Besuchern den Weg durch die

Geschichte und die Rezeption von Wagners Leben zu ebnen.

Unauffällig fügt sich der Neubau von Staab Architekten zwischen Haus

Wahnfried und Gärtnerhaus. (vorherige Seite)

Der Neubau steht auf einem 1930 zugekauften Grundstück. Dadurch bleibt

die Symmetrie der Gartenanlage unberührt. Volker Staab bezeichnet das

Haus Wahnfried als eigentliches Ausstellungsstück. Sein Neubau sei ledig-

lich Zaungast. (unten)

Das Ausstellungsdesign stammt vom Stuttgarter Szenographen hg merz.

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KULTURPALAST: RICHARD WAGNER MUSEUM IN BAYREUTH