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PORTAL

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Foto: con-fuss, Frankfurt, DE / Aktion Mensch

benutzen. Die meisten Lösungen, die derzeit noch immer

entworfen werden, machen mich (und alle anderen, die

nicht dem Durchschnitt entsprechen) zum Sonderfall. Eine

kleine Rundfahrt durch meine Heimatstadt Frankfurt zeigt

sehr schnell den Unterschied zwischen wirklich gleichbe­

rechtigtem Bauen und jenen Gebäuden, die bestenfalls die

behördlichen Erwartungen erfüllen. Es gelingt mühelos der

Beweis, dass herausragende Architektur gleichberechtigt

sein kann und andere herausragende Architektur es eben

nicht ist. Von außen ist Richard Meiers Museum nicht nur

eine Ikone der Neomoderne. Es sieht auch so aus, als wäre

es für alle gleichberechtigt zu benutzen. Dennoch beginnen

die Unterschiede schon beim Eingang. Wieso eine Drehtür?

Für mich ist sie unüberwindlich. Die alternativ angebotenen

und nach außen öffnenden Türflügel sind auch nicht optimal.

Sie verhindern zudem, dass ich das Haus betreten kann wie

alle anderen auch. Sie machen mich ohne bauliche Not zum

Sonderfall. Nun kann man sagen, dass dieses Gebäude aus

einer Zeit stammt, in der das Bewusstsein der notwendigen

Barrierefreiheit noch nicht thematisiert wurde. Jedoch sind

solche Lösungen heute noch Standard.

DIN-NORM

Ich stelle immer wieder fest, dass Barrierefreiheit mit

schwellenlosem Zugang, Aufzug und Behinderten-WC als

erfüllt gilt. In vielen Architekturwettbewerben, an denen

ich als Beraterin teilgenommen habe, wurden ausschließ­

lich solche Konzeptvorschläge angeboten. Die Rampen

sind prägend für den Entwurf Meiers – und sie lassen die

Hoffnung aufkommen, dass jeder Besucher das Museum

unbeschwert auf dieselbe Weise betreten kann. Aber: Die

Steigung der Rampen ist zu steil. Selbst für einen aktiven

Rollstuhlfahrer ist der Kraftaufwand zu hoch. Was bleibt,

ist der Aufzug. Er macht das Haus letztlich zwar barriere­

frei. Doch er sondert mich zugleich als Rollstuhlfahrer aus,

denn ich werde in ein Erschließungssystem gezwungen,

das außer mir niemand benutzt. „Die Fußgänger bitte

links, die Behinderten bitte nach rechts“ – die Selektion

geschieht hier noch äußerst diskret. Nun kann man nicht

Autorin: Dipl.-Ing. Ursula Fuss

wurde 1959 in Frankfurt am Main geboren. Von 1981 bis 1985 studierte

sie an der Fachhochschule Wiesbaden Architektur. Gleich nach ihrem

Diplom wechselte sie für ein weiteres Architekturstudium an die Staatliche

Hochschule für Bildende Künste nach Frankfurt. Seit einem Unfall 1993

ist sie querschnittsgelähmt. Fortan spielt barrierefreies Planen eine

bestimmende Rolle – sowohl in Lehraufträgen als auch in ihrem 1996

gegründeten eigenen Büro c.f. ARCHITEKTEN. Neben der Arbeit an eige­

nen Projekten berät Ursula Fuss auch Architekten und Bauherren in ihren

Planungsprozessen.

www.con-fuss.de

behaupten, dass die Deutschen nicht hilfsbereit wären,

und ganz besonders die Angestellten des Museums für

Kunsthandwerk. Ein kurzes Verharren vor einer Tür, ein nur

angedeutetes Zögern vor einer Stufe – und blitzartig kom­

men aus allen Ecken hilfsbereite Menschen mit besorgten

Mienen, die mich dadurch zu etwas Besonderem machen.

Hier wird die Wahrnehmung wieder negativ – bei mir und

bei den anderen Besuchern.

Ungezwungen

Ein weiteres Beispiel ist die Frankfurter Zeilgalerie von Prof.

Rüdiger Kramm. Die Idee, die Marktstraße im achtgeschos­

sigen Gebäude weiterzuführen, führte zu einer ungewöhn­

lichen Erschließung aller Ebenen über eine Rampe. Man

kann über den Aufzug oder die Rampe nach oben gelangen.

Hinauf benutzen alle den Aufzug, hinunter die Rampe.

Rollstuhlfahrer haben hier einen klaren Vorteil: Für sie ist

die Zeilgalerie dasselbe wie eine Halfpipe für den Skater.

Von ganz oben nach ganz unten wird immer der gewinnen,

der die Rollen hat – nicht der Fußgänger. Die Zeilgalerie ist

auf völlig ungezwungene und selbstverständliche Weise

nutzbar für alle Besucher. Ihre architektonische Qualität

ist nicht wegen der Barrierefreiheit entstanden, sondern

sie war eine architektonische Erschließungskonzeption.

Sie ist einfach integral. Sie beweist, dass gleichberech­

tigtes Bauen und herausragende Architektur möglich

sind. Wir als Architekten sind gefordert, uns mit der sich

ändernden Mobilität der Nutzer intensiv auseinanderzu­

setzen. Wir müssen Erschließungskonzepte entwickeln,

die Raum erlebbar machen und allen eine spannende und

motivierende Erfahrung geben. Kommunikation muss ent­

stehen können und muss gefördert werden. Die diversen

Richtlinien und Normen können nur einen kleinen Input

geben. Die Umsetzung muss in der architektonischen

Konzeption gesucht werden. Das ist viel Arbeit. Aber es

lohnt sich, wenn durch „neue“ Architekturelemente wie

Rampen oder schräge Flächen das langweilige Einerlei der

Architektur durchbrochen und eine Begegnung aller Nutzer

auf Augenhöhe ermöglicht wird.