48 ARCHITEKTUR UND KUNST
„Appropriation Art“ – so lautet ein zwar
umstrittener, in der Kunstkritik aber eta-
blierter Begriff für Kunst, bei der Motive
von bereits bekannten Werken entlehnt
sind. Jochen Plogsties‘ Definition seiner
eigenen Arbeit passt in dieses Bild.
Er bezeichnet seine Werke als „Rückübertragung von
Reproduktionen von Malerei“. In einem Interview mit der
Leipziger Volkszeitung relativiert Plogsties jedoch den Bezug
zur Appropriation Art und konkretisiert: „Ich betrachte, ich
beobachte etwas, ein Bild, ein Kunstwerk, etwas außerhalb
von mir Liegendes, das etwas in mir anspricht. Mit der Malerei
protokolliere ich meine Reaktionen darauf.“ Anders als dieses
Zitat sind seine Bilder keine originalgetreuen Wiedergaben
der Urheber. Vielmehr dienen ihm bereits angefertigte
Reproduktionen als Grundlage für seine Werke. Dadurch
konzentriert sich Plogsties‘ Wahrnehmung auf die ursprüng-
liche Komposition. Denn alles, was an handwerklichen und
metaphorischen Ebenen das ursprüngliche Werk ausmacht,
entfällt. Elementare Bestandteile des Bildes sind also durch
die Reproduktion bereits verloren gegangen – dadurch ent-
steht Raum für Plogsties‘ Interpretation. So wird aus ein und
demselben Motiv ein zwar oberflächlich sehr ähnliches, in
seinem Kern aber dann doch neuartiges Bild. Besonders
deutlich wird es an seinem Werk „untitled filmstill 15“ (Bild
rechts). Im Original handelt es sich um eine von 69 Schwarz-
Weiß-Fotografien der Künstlerin Cindy Sherman, die wiederum
von Szenen aus Art-House-Filmen inspiriert sind. Bei Plogsties
wird daraus ein farbiges Gemälde, überzogen mit einem ara-
bischen Ornament in Form eines Pentagramms, das auf die
kompositorische Idee des Originals Bezug nimmt.
ARCHITEKTUR UND KUNST
JOCHEN PLOGSTIES
Links: 33_16 (Melancholia), 30 x 21 cm, Öl auf Leinen, 2016 [Nach: Giorgio de Chirico, Melancolia, 79 x 63 cm, Öl auf Leinwand, 1912, Estorick
Collection, London, Großbritannien. In: Kestnergesellschaft (Hg.), Giorgio de Chirico, Hannover 1970, S. 85.] / Rechts: 6_15 (Campo di Rialto), 122,5 x
185,5 cm, Öl auf Leinen, 2015 [Nach: Canaletto, Campo di Rialto, Öl auf Leinwand, c. 1760, Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie, Berlin.]